Gesundheitliche Versorgung erwachsener Betroffener von häuslicher
und sexualisierter Gewalt in Mecklenburg-Vorpommern

Ein Leitfaden für die medizinische Praxis
 

Die folgende Zusammenfassung gibt Ihnen die Eckpunkte einer Behandlungssituation für die von häuslicher und sexualisierter Gewalt betroffenen Patientinnen und Patienten an die Hand.

 

1. Signale wahrnehmen und Gesprächsbereitschaft signalisieren


Häufig stellt sich die Situation so dar, dass die Betroffenen körperliche oder psychische Verletzungen zeigen, jedoch nicht über deren Entstehung und Ursachen sprechen wollen. Ein aktives und einfühlsames Nachfragen in einer ungestörten Untersuchungsatmosphäre durch einen Arzt oder eine Ärztin wird häufig durch die Betroffenen befürwortet. In Abhängigkeit von der Antwort und Reaktion der behandelten Person sollte das Gespräch fortgesetzt werden. Entsprechende Formulierungsbeispiele hierzu finden Sie unter „Gespräch führen“.


2. Untersuchen


Gehen Sie davon aus, dass bei der betroffenen Person insbesondere bei gynäkologischen Untersuchungen negative und traumatische Gefühle wieder ausgelöst werden können oder verstärkt werden. Erklären Sie genau, welche einzelnen Schritte der Untersuchung notwendig sind. Hiermit helfen Sie der betroffenen Person, ihre Angst und Scham zu überwinden und das Gefühl der Selbstbestimmung zurückzugewinnen. Erforderlich ist eine gründliche Untersuchung des gesamten Körpers. Auf Verletzungen in unterschiedlichen Heilungsstadien müssen Sie besonders achten. Hinweise zur Dokumentation der Verletzungen finden Sie unter „Gewaltdiagnostik“.

 

3. Sicherheit beachten


Das Ziel aller beratenden und unterstützenden Professionen ist der Schutz der betroffenen Person vor weiterer Gewalt. Im Vordergrund steht hierbei das aktuelle Schutzbedürfnis der Betroffenen und das Ihrer Mitarbeitenden. Beispiele für mögliche Fragestellungen finden Sie unter „Sicherheit beachten“. Gehen Sie davon aus, dass die betroffene Person ihre Situation selbst am besten einschätzen kann. Es geht darum, Schutzmöglichkeiten aufzuzeigen und gegebenenfalls
auch ablehnende Entscheidungen zu akzeptieren.


4. Informieren und Weitervermitteln


Der Schutz von betroffenen Personen erfordert verschiedene Maßnahmen. Ein Kernelement ist die psychosoziale Beratung und Unterstützung. Es bestehen mehrere Möglichkeiten, auf die bestehenden Beratungs- und Hilfeangebote aufmerksam zu machen. Sie können geeignete Informationsmaterialien an die gewaltbetroffene Person weitergeben. In einigen Fällen ist es sinnvoll, der betroffenen Person anzubieten, den Kontakt durch das behandelnde medizinische Personal herzustellen oder ihr Gelegenheit zu geben, von den Behandlungsräumen aus zu telefonieren. Eine Übersicht der Beratungs- und Hilfeeinrichtungen im Land Mecklenburg-Vorpommern und die entsprechenden Kontaktdaten finden Sie unter "Adressen von Unterstützungseinrichtungen".